Triangel

Als Komponist wollte Peter Eötvös eine Möglichkeit für einen Schlagzeugsolisten schaffen, sich selbst zu formen und alles, was er an technischer und musikalischer Erfahrung hat, seine Klangphantasie und rhythmische Phantasie, darstellen zu können. Was ein Komponist den Schlagzeugsolisten anbieten kann, ist im Vergleich mit dem, was der Solist selbst kann, oft sehr begrenzt. Der Komponist hat hier nur den Großablauf des Stückes geschaffen und lässt dem Solisten einen bestimmten Rahmen, in dem er sich bewegen kann. Damit ist das Stück keine reine Improvisation; Geschriebenes und vom Solisten Improvisiertes werden gleichbehandelt.

Der Solist steht in einer Wechselbeziehung mit den Instumentalgruppen: er schlägt ihnen etwas vor, sie spielen ihm nach; daraufhin muss er die Reaktionen der Musiker wieder in seine Musik integrieren. Das ständige “Zuhören – Müssen” ist ein typisches Merkmal von Triangel; es entsteht eine Kommunikation, wie wir sie in der afrikanischen Musik kennen, bei der ein Musiker mit dem “Volk” kommuniziert. Lediglich der Satz “Halbfinale” schreibt dem Solist genaue Aufgaben vor.

Das Stück besteht aus verschiedenen Sätzen; jeder Satz besitzt seinen individuellen Charakter und wird durch eine eigene, unterschiedliche Beleuchtung hervorgehoben.

“Musikalische Aktionen für einen kreativen Schlagzeuger und 27 Instrumente”

Ich habe festgestellt, daß die solistisch tätigen SchlagzeugerInnen ihre eigenen, kleinen Universen haben, Instrumente, die sie bevorzugen und spezielle Spieltechniken, die sie von den anderen unterscheiden.
Triangel ist so komponiert, daß es solchen kreativen Fähigkeiten weitgehend freien Raum läßt. Das in vier Gruppen geteilte Ensemble reagiert zum Teil festgelegt, zum Teil spontan auf die Klangereignisse des Solisten.
Hierdurch greift dieses Stück improvisierte Kadenztechniken auf, die vor etwa 100 Jahren noch selbstverständlicher Bestandteil der Solo-Konzertliteratur waren.

/Peter Eötvös  – 1999/

Das, in 1993 komponiertes “Aktions-Stück” ist nicht jene Art eines Konzerts, wo der Solist von einem Ensemble begleitet wird.
Hier ist der Schlagzeuger ein Anführer, ein “Meistertrommler” des afrikanischen Typs, und die anderen Instrumente sind das “Volk”, das reagiert und antwortet.
TRIANGEL schafft die Möglichkeit dem Schlagzeugsolisten seine instrumentale und musikalische Erfahrung, seine eigene rhythmische- und Klangfantasie darstellen zu können.
In dieser Komposition bekommt der Schlagzeuger auch “kompositorische” Aufgaben, wobei die schriftlich Festgelegte und vom Solisten “Erfundene” Teile gleichbehandelt werden. Das Stück ist eine Übung im Hören, im Horchen, wobei der “Trommler” nicht nur diktieren muss, sondern auch reagieren, entscheiden muss, nachdem er die Antwort des “Volkes” gehört hat.